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2020.09.14

Patentübersetzungen

Unsere Zusammenarbeit mit der zweiten Arbeitsgruppe des japanischen Patentamtes bei der Untersuchung von deutschen Fachbegriffen


Autor: Yuki Kato (Chairman & CEO von transeuro)

Ich arbeitete viele Jahre für eine deutsche Anwalts- und Patentkanzlei und übersetzte dort hauptsächlich Patentanmeldungen von Deutsch nach Japanisch. Neben meiner Tätigkeit im Vorstand der Japan Intellectual Property Translation Association (NIPTA) bin ich auch Mitglied des Prüfungsausschusses für die neu eingerichtete Übersetzungsprüfung für Deutsch-Japanisch im Bereich geistiges Eigentum.

Deutsche technische Konzepte, die in Japan unbekannt sind

Als langjähriger Übersetzer deutscher Patente beschäftigt mich das Problem schon länger, dass es bestimmte technische Konzepte gibt, die nur in Deutschland bekannt sind. Diese deutschen Konzepte finden ihren Ursprung in der deutschen Geschichte und Tradition und kommen häufig im Bereich Maschinenbau vor, ein Gebiet, für das Deutschland bekannt ist.

Insbesondere bei der „Verbindungstechnik“ wie Verschraubung und Verklebung und bei der „Fertigungstechnik“ wie Gießen und plastische Verformung gibt es einige für Deutschland einzigartige technische Konzepte, die in Japan unbekannt sind. Auch gibt es Konzepte, die ähnlichen Bezeichnungen haben, bei denen sich allerdings das Verständnis in Japan und Deutschland deutlich unterscheidet.

Alle schieben die Schuld auf die Übersetzung

Es gibt nichts Schwierigeres, als ein technisches Konzept zu übersetzen, das in Deutschland üblich in Japan allerdings unbekannt ist. Entsprechend gibt es auch keine japanische Entsprechung für so ein technisches Konzept. Fachbegriffe für solche Konzepte werden gerne in Patentansprüchen verwendet. Daher kann eine ungenaue Übersetzung durch bereits existierende japanische Fachausdrücke, die dem deutschen Konzept ähnlich sind, in einigen Fällen den Umfang des Patentrechts einschränken. Um das zu vermeiden, habe ich solche Fachbegriffe wortwörtlich aus dem Deutschen ins Japanische übersetzt.

Bei einer solchen Übersetzung kommt es allerdings vor, dass das Patentamt bei der Prüfung feststellt, dass man diesen Begriff noch nie gehört hat und davon ausgeht, dass ein Übersetzungsfehler ist. Dieser wird als unklar eingestuft und es wird ein Prüfbescheid aufgrund Artikel 36.6.2 des Patentgesetzes ausgestellt. Als Antwort darauf musste der zuständige Patentanwalt in einer schriftlichen Stellungnahme sorgfältig erklären, dass dieses Konzept in Deutschland einzigartig ist.

Diese Erläuterungen wurden vom Patentprüfer akzeptiert, allerdings musste man wieder von vorne anfangen, wenn der zuständige Patentprüfer wechselte. Außerdem ist bei der Einreichung der initialen Anmeldung nicht möglich, Dokumente zur näheren Erläuterung anzufügen, sodass die Anmeldung für Patentprüfer und für Leser der Veröffentlichung schwer verständlich war.

Die deutschen Antragsteller waren auch nicht über die Ablehnungsgründe nach Artikel 36 begeistert, da sie nicht verstehen konnten, warum ein technisches Konzept, das in Deutschland jeder kennt, in Japan nicht verstanden wird. Auch hier wurde die Schuld auf eine schlechte Übersetzung geschoben. Als Patentübersetzer befand man sich nun zwischen zwei Fronten und konnte es beiden nicht recht machen.

Der Weg zum Verständnis deutscher Technologie

Allerdings gab es in diesem Bereich eine Entwicklung auf der Seite des Patentamtes. Im vergangenen Jahr begann eine Arbeitsgruppe (AG) der zweiten Prüfungsabteilung eine bahnbrechende Aktivität zur Lösung dieser Problematik. Für einen deutschen Patentübersetzer wie mich, der seit 30 Jahren auf diesem Gebiet tätig ist, kam das sehr überraschend. Vielleicht ist eine Auswirkung der Globalisierung oder vielleicht auch ein Versuch, ausländische technische Konzepte anzunehmen und diese korrekt zu verstehen. Da dies eine Gelegenheit für deutsche Patentübersetzer war, einige seit langem bestehenden Probleme zu lösen, habe ich beschlossen, meine langjährige Erfahrung zu nutzen, um zu den Aktivitäten der AG beizutragen.

Diese Bewegung der zweiten Prüfungsabteilung wurde anscheinend dadurch ausgelöst, dass Anträge, die solche deutsch-spezifischen technischen Konzepte enthielten, in der Zweiten Prüfungsabteilung, die für den mechanischen Bereich zuständig ist, verstärkt auftraten. Die Idee bestand darin, Materialien zur Vertiefung des Verständnisses der deutschen Fachterminologie durch Bezugnahme auf deutsche Maschinenbautexte und andere Quellen zu erstellen und dieses Wissen über deutsche technische Konzepte mit Prüfern des Patentamtes, deutschen Übersetzern, japanischen Firmen und anderen Praktikern zu teilen.

Drei Sichtweisen auf die Problematik

Dazu war es wichtig, die durch dieses deutsch-spezifische technische Konzepte verursachten Probleme aus den drei Blickwinkeln des Patentamtes (Prüfer), der deutschen Anmelder (deutsche Firmen etc.) und Dritter (japanische Firmen etc.) zu verstehen, und die AG hat folgende Überlegungen angestellt

<Blickwinkel des Patentamtes (Patentprüfer)>

・ Wenn ein Begriff, der nicht als japanischer Begriff existiert, übersetzt wird, kann es zu Problemen mit der Klarheit kommen.

・ Wenn ein Begriff als Stand der Technik zitiert wird, können Probleme bei der Interpretation seiner Bedeutung auftreten.

<Blickwinkel der Anmelder (deutsche Firmen, etc.)>

・ Wenn deutsche Begriffe wortwörtlich durch Schaffung neuer Begriffe ins Japanische übersetzt werden, besteht die Gefahr, dass die Anmeldung nach Artikel 36 zurückgewiesen wird.

・ Wenn bereits existierende japanische Begriffe für die Übersetzung genutzt werden, entspricht die Bedeutung nicht unbedingt der ursprünglichen Bedeutung und der Schutzumfang kann verringert werden.

<Blickwindel von Dritten (japanische Firmen etc.)>

・ Wenn deutsche Begriffe wortwörtlich durch Schaffung neuer Begriffe ins Japanische übersetzt werden, kann es Zweifel bei der Auslegung des Schutzumfangs geben.

Unter Berücksichtigung der unter diesen drei Gesichtspunkten betrachteten Probleme kamen wir zu dem Schluss, dass es notwendig ist, dass die drei Parteien ein gemeinsames Verständnis der deutschen Fachbegriffe erlangen. Zu diesem Zweck war es notwendig, zunächst über Dokumente zu diesen Fachbegriffen zu verfügen. Daher beschloss ich, mit der AG bei der Erstellung eines Glossars mit deutschen Fachbegriffen zusammenzuarbeiten. In einem ersten Schritt erstellte die AG eine Liste von technischen Konzepten, die für Deutschland spezifisch sind. Zunächst konzentrierten wir uns auf die „Verbindungstechnik“ und die „Fertigungstechnik“, die das größte Anliegen der AG waren, und stellten Informationen zu beiden Technologien zusammen.

Was die deutsche Verbindungstechnik betrifft, gibt es z. B. folgende Kategorien, die in Japan unbekannt sind.

    Formschluss(形状接続)

  Reibschluss(摩擦接続)

  Stoffschluss(材料接続)

Was die deutsche Fertigungstechnologie betrifft, gibt es z. B. folgende Kategorien, die sich von der japanischen Fertigungstechnologie unterscheiden.

  Urformen(一次成形)

  Umformen(変形加工)

  Trennen(分離加工)

  Fügen(接合加工)

  Beschichten(被覆加工)

  Stoffeigenschaft ändern(材料特性を変える加工)

Insbesondere die Konzepte Formschluss, Reibschluss und Stoffschluss in der Verbindungstechnik, die den spezifischen technischen Mitteln wie z.B. Keilwellenverbindung, Verschrauben, Klemmen und Kleben übergeordnet sind, tauchen in den Ansprüchen von deutschen Patentspezifikation häufig auf und bringen Übersetzer zur Verzweiflung. Wenn jedoch das deutsche Konzept der Kombination von Technologie in Japan Fuß fasst, können auch japanische Antragsteller diese Begriffe frei verwenden, was sich in einigen Fällen als sehr nützlich erweisen könnte.

Tatsächlich haben die Unterschiede in den technischen Konzepten auch einen erheblichen Einfluss auf die deutschen Übersetzungen japanischer Anmeldungen. So wird z.B. der Umfang des japanischen „Umformens“, das sowohl plastische Verformung als auch Gießen umfasst, enger, wenn er direkt ins Deutsche (Umformen) übersetzt wird (das deutsche Wort „Umformen“ bedeutet wörtlich „die Form verändern“ und schließt somit nicht Urformen, wie Gießen und Spritzgießen zur Herstellung eines festen Körpers aus einem formlosem Stoff wie z.B. einer Flüssigkeit ein). Daher ist dieser Unterschied in den technischen Konzepten zwischen Japan und Deutschland eigentlich auch für japanische Anmelder ein wichtiges Thema, auch wenn es bisher nicht viel Bedeutung gefunden hat.

Verbreitung von technischen Konzepten aus Deutschland in Japan

Im Hinblick auf die oben erwähnten deutschen Fachbegriffe hielt ich eine Präsentation auf der Patentinformationsmesse und -konferenz, die im November 2019 im Wissenschaftsmuseum im Kitanomaru Park, Tokio, stattfand. Sie hatte den Titel „Übersetzung deutsch-spezifischer Fachbegriffe und konzeptionellen Unterschiede in Japan und Deutschland, die Sie teuer zu stehen kommen können“.

Darüber hinaus hat die AG der zweiten Prüfungsabteilung des Patentamts einen Artikel mit dem Titel „Das Problem der Übersetzung deutschsprachiger Fachbegriffe – Fragen, die sich aus der Sicht von Patenprüfern stellen“ in der Dezember-Ausgabe 2019 (Band 72 Nr. 14, S. 72 – 77) der Zeitschrift „Patent“ der Japanischen Patentanwaltskammer veröffentlicht. Der Artikel bietet eine detaillierte Erläuterung der oben genannten Kombinations- und Verarbeitungstechnologien mit konkreten Beispielen und ist sehr zu empfehlen.

 


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